Werner Rätz über das Bedingungsloses Grundeinkommen – eine Zusammenfassung

Vortrag vom 8. November 2016 über ein BGE
Werner Rätz erläuterte die Notwendigkeit in der Kulturwerkstatt

 Auf Einladung der Paderborner attac-Gruppe referierte Werner Rätz am 8. November in der gut besuchten Cafeteria der Paderborner „Kulte“ vor ca. 50 Zuschauern über die Notwendigkeit eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE), ihren sozialen Kontext und bestehende Hürden. Anschließend stellte er sich einer lebhaften Diskussion mit dem interessierten Publikum. Werner Rätz wichtigste These: “Den Hunger kann man aus der Porto-Kasse abschaffen! Man muss es nur wollen.“ Bereits eine Abgabe in Höhe von 1% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aller Staaten, sowie zusätzliche 0,24% des BIPs der OECD-Staaten sei ausreichend, so Rätz, um den Welthunger auf einen Schlag zu besiegen. In dieser Form, als “Basic Food Income” für  die Ärmsten, könne das BGE die Ernährung jedes einzelnen Menschen weltweit sichern, und wäre damit für Rätz die wichtigste Anwendung eines BGE.

 Allgemein steht der Begriff „Bedingungsloses Grundeinkommen“ für den Anspruch auf ein anständiges Leben und gesellschaftliche Teilhabe, welche jedem Mitglied einer Gesellschaft zusteht. Mit dem BGE wären diese Grundrechte durch den Staat gewährleistet, ohne Bedürftigkeitsprüfungen und Sanktionen. Der Staat müsse dabei die Versorgung der Gesellschaft sicherstellen. Soziale Ungerechtigkeit, weltweite Armut und Hunger würden, so Rätz, ein BGE unabdingbar machen – als Sicherung eines menschenwürdigen Lebens für jeden sowie zur Einlösung der Menschenrechte auf Leben, Freiheit und soziale Sicherheit.

 In entwickelten Ländern hingegen ermögliche ein BGE eine freiheitlichere Ausgestaltung der Arbeit, so Rätz weiter. Das BGE fungiere lediglich als existenzsicherndes Basiseinkommen. Wohlstand gelinge nur durch Arbeit, entsprechend behielte die Arbeit ihren gewichtigen finanziellen und gesellschaftlichen Stellenwert unvermindert bei. Es würden flexiblere Arbeitszeiten möglich, die an die jeweilige Lebenssituation angepasst werden könnten. Zudem ermögliche es, die Arbeit gemäß den eigenen Interessen und Stärken zu wählen.  Durch die größere Unabhängigkeit der Arbeitnehmer wären Arbeitgeber gezwungen, akzeptable Arbeitsverhältnisse herzustellen. Damit wäre das BGE ein starkes Mittel gegen Zeitarbeit und Niedriglöhne. Das BGE biete also einen Ausweg aus bedrückenden sozialen Verhältnissen. Im besonderen Maße würde dies (alleinerziehende) Frauen betreffen.

 Als wahrscheinlichsten Weg, ein BGE in Deutschland einzuführen, nannte Werner Rätz die schrittweise Umgestaltung von Hartz IV: durch Streichung aller Sanktionen (Stichwort: Bedingungslosigkeit), die Erhöhung der Leistungssätze und schließlich durch die Öffnung für immer breitere Bevölkerungsschichten. Wichtig war dem Referenten auch, dass ein bedeutender Teil des BGE in Form einer sozialen Infrastruktur realisiert werden könne. Beispielsweise durch kostenlose Wohnungen für Bedürftige oder kostenfreie öffentliche Verkehrsmittel. Der nichtmonetäre Charakter dieser Leistungen, würde schließlich auch möglichen inflationssteigernden Tendenzen eines allein monetären BGE entgegenwirken, wie sie als Sorge im Publikum formuliert wurden.

 Verschiedene Finanzierungsmodelle seien, so Rätz, bereits ausgereift und durchgerechnet worden. Etwa finanziert durch die Einkommenssteuer, Unternehmensgewinne oder durch eine Mehrwertsteuererhöhung. Letzteres Modell leiste allerdings keinerlei Korrekturen bei Vermögensungleichheiten und falle daher zugunsten der Wohlhabenden aus.

 Weiter berichtete Rätz über einige erfolgreiche Praxisversuche: in Dänemark, in Holland – dort als bedingungslose Rente für alle ab 65 Jahren – in Finnland sowie in Sambia als “Basic Food Income” für alle Familien ohne erwerbsfähigen Ernährer. Nach 3 Jahren Erprobungszeit ging in Sambia die Zahl der Hungernden zurück. Gleichzeitig stiegen die Bildung, die Gesundheit und das Wirtschaftswachstum.

 Folglich sei dargelegt, dass ein BGE ein wichtiger Baustein für soziale Gerechtigkeit ist, für den alle Voraussetzungen gegeben seien. Die Güter und Dienstleistungen reichen aus, so Rätz, um jedem ein anständiges Leben zu ermöglichen. Die gerechte Verteilung sei das Problem, die politischen Kräfte müssten eine wollen. “Wir können es einführen. Wir müssen es einführen, wenn wir soziale Sicherheit für alle wollen!” Alles in Allem vermochte Werner Rätz eine gelungene Einführung zum Thema BGE zu geben, fundiert auf viele Fragen zu antworten und diese für viele eher fremde Art der Sozialstaatlichkeit seinem Publikum womöglich ein Stück weit näherzubringen.