Leserbrief zu Pulse of Europe (1)

Wer steckt hinter Pulse of Europe? – Ein Leserbrief von Attac Paderborn

Leider ist Pulse of Europe (PoE) eine weitgehend inhaltsleere Veranstaltung. Neben Lobliedern auf Erasmus-Programme und der berechtigten Freude über den Frieden in Europa, werden dort keine Themen angesprochen. Weder das Demokratiedefizit der EU-Institutionen noch jenes bei der EU-Gesetzgebung (Stichwort: informeller Trilog) werden erwähnt und diskutiert. Auch die mangelhafte Politik der EU in den vielfältigen Krisen der letzten Jahre, die großen Proteste gegen die EU-Freihandelsabkommen (CETA, TTIP, usw.) oder die aktuelle Symbolpolitik bei der Schaffung einer „sozialen Säule“ durch die EU-Kommission, fallen bei PoE leider unter den Tisch. Diesen Themen soll bei PoE kein Raum dargeboten werden.

Aber wer steckt hinter PoE? Dabei bleibt die zentrale Frage, die sich alle Bürger immer stellen sollten: Cui bono? – Wem nützt das? Genauer: wem nützt es, wenn 500 Europabegeisterte die Ode an die Freude singen, anstatt sich zu fragen, wo der eigene bürgerliche demokratische Einfluss in Europa abgeblieben ist?

Wenn man sich die Organisatoren-Liste ansieht, fällt sofort ins Auge, dass eine ganze Reihe Wirtschaftsfachanwälte an der Spitze dieses Netzwerkes stehen. Sei es Dr. Daniel Röder aus Frankfurt a.M., Kopf der deutschen Bewegung und Angestellter bei der Greenfort-Kanzlei, die sich u.a. mit Öffentlich-Privaten-Partnerschaften, Personalabbau und Massenentlassungen beschäftigt. Oder Moritz Pohle, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Organisator von PoE in Freiburg, von der SNP Schlawien-Kanzlei. Oder Dr. Alexander Freiherr Knigge, Anwalt für Wettbewerbsrecht, Organisator in Berlin. Natürlich sind die Fachgebiete dieser Herren nur Indizien, Ansätze für Verschwörungstheorien, wenn man so will, aber ein schaler Beigeschmack bleibt. Und man kann zumindest einen Anfangsverdacht entwickeln, wessen Lied hier gespielt werden soll.

Alexander Knigge lässt sich im Übrigen mit den Worten zitieren: „Für eine inhaltliche Fokussierung ist es zu früh“. Nur, ab wann sollen denn die Inhalte folgen, wenn man mal fragen darf? Wenn die Wahlen in Europa gelaufen sind? Weil Inhalte dann ja keinen Schaden mehr anrichten können?

Nebenbei bemerkt, was für eine Graswurzelbewegung ist PoE eigentlich? Alles scheint von oben vorgegeben zu sein und nur handverlesene Redner treten auf, so anscheinend zumindest in Paderborn. Wer sich wirklich für ein demokratisches, dauerhaft friedliches Europa interessiert, sollte sich vielleicht einmal mit einer anderen, in der Öffentlichkeit aber nicht so bekanntgemachten, europafreundlichen Bewegung beschäftigen: mit DIEM 25. Es gibt jede Menge sinnvoller Forderungen, die man zum Thema EU einbringen könnte, z.B. die Forderung nach echter, vielleicht sogar partizipatorischer, europäischer Demokratie. Warum werden solche Themen bei PoE nicht behandelt?

Am Ende lässt sich übrigens auch vermuten, dass, auf lange Sicht, nur eine Bewegung, die sich offen und ehrlich sowohl mit den Stärken als auch mit den Defiziten der EU auseinandersetzt, den rechten Europafeinden wirklich das Wasser abgraben kann.

Mehr zu Pulse of Europe, Europa, Aktionen und anderen Themen gibt es auf der Webseite von Attac Paderborn.